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Vor dem Negus

Auther : Mohamed Mohanad Abu Kalam
691 2022/01/26 2024/10/16

Um den ständigen Verfolgungen und Demütigungen durch die Mekkaner zu entgehen, fasste der Prophet einen Plan. „Wenn ihrin das  Land der Abessinier geht, findet ihr dort einen König, bei dem euch kein Unrecht zustoßen wird“, sprach er zu den Muslimen.
So wurden also Vorbereitungen für die Flucht getroffen.

Um nicht abgefangen zu werden, verließen die ersten Muslime Mekka heimlich im Schutze der Nacht. Jedoch bemerkten die Quraisch ihr Entkommen schon bald, und entsandten eine Truppe, um die Auswanderer zurückzuholen

Zu jener Zeit – man schrieb das Jahr – wurde Abessinien von einem christlichen Negus127 regiert, der, wie der Prophet ihn  eschrieb, ein gerechter König von aufrichtigem Glauben war. Unter den Auswanderern war auch Muhammads Tochter Ruqayya mit ihrem Mann Uthman.

Die Auswanderer eilten zum Hafen Schuayba. Als ihre Verfolger von den Quraisch dort ankamen, waren sie jedoch schon mit zwei Handelsschiffen in See gestochen und somit gerettet.

Vom Negus wurden die Muslime freundlich aufgenommen. Fortan konnten sie in Freiheit leben und ihre Religion ungestört ausüben.

Einige Zeit später folgte ihnen eine größere Gruppe nach. Für diejenigen, die in Mekka zurückblieben, wurde das Leben nun immer
schwieriger.

Abessinien war ein wichtiger Handelspartner Mekkas. Die Quraisch pflegten gute Kontakte zum Negus und seinem Hof. Daher waren sie sehr verärgert darüber, dass die Muslime in Abessinien Zuflucht gesucht hatten. Sie dachten: „Nun genügt es Muhammad nicht mehr, bei uns zu Hause für Unruhe zu sorgen, jetzt stört er auch noch unsere Außenbeziehungen!“ Also fassten sie einen Plan: Sie wollten den Abessiniern Geschenke machen, um sie dazu zu bewegen, die Muslime auszuliefern. Mit diesem Auftrag schickten die Mekkaner eine Delegation, zu der auch der angesehene ‘Amr Bin Al-As gehörte, nach Abessinien. 

Umm Salama berichtet: „Als wir in das Land der Abessinier kamen, bereiteten uns die Leute den besten Empfang. Unter dem Negus erhielten wir die Sicherheit, unseren Glauben zu praktizieren, und wir dienten Allah, ohne Unrecht zu erleben oder etwas Verletzendes zu hören.

Als diese Nachricht die Quraisch erreichte, beschlossen sie, unseretwegen zwei Männer zum Negus zu entsenden. Aus Mekka sollten sie für ihn wertvolle Geschenke mitnehmen. Was man in Abessinien besonders hoch schätzte, war Leder. Sie packten nun für den Negus viel schönes Leder ein, ebenso für die Geistlichen an seinem Hof. Abdullah Bin Abi Rabi‘a und ‘Amr Bin Al-As wurden von den Quraisch nach Abessinien geschickt mit dem Befehl, zuerst die Geistlichen zu beschenken und sie darum zu bitten, ihnen die Auswanderer auszuliefern, bevor diese mit dem König sprechen würden. Danach erst sollten sie dem Negus seine Geschenke geben. Sie machten sich also auf den Wegn Abessinien angekommen, gaben sie zuerst den Geistlichen ihre Geschenke und sprachen: „Einige unserer jungen Besessenen sind in euer Land gekommen. Sie haben die Religion ihres Volkes verlassen und auch eure Religion nicht angenommen. Sie sind mit einer neuen 

Religion gekommen, die weder ihr noch wir kennen. Die Edlen ihres Volkes schicken uns zu eurem König, damit er sie abschiebt. Wenn wir nun mit dem König gesprochen haben, sagt ihm, er soll sie uns überlassen, ohne mit ihnen zu reden. Denn ihr Volk weiß ja am besten über sie Bescheid!“

Die Geistlichen waren einverstanden. Nun überreichten die Mekkaner auch dem Negus die Geschenke und begannen, das Thema der Auswanderer zur Sprache zu bringen. Sie wollten auf jeden Fall verhindern, dass er sich mit ihnen unterhielt. Auch die Geistlichen versuchten, ihn zu überreden. Das Ganze machte den Negus jedoch wütend, und er sagte zu seinen Gefolgsleuten: „Nein, bei Allah, ich werde sie nicht übergeben! Leute, die mich wählten und mein Land aussuchten, werde ich nie ausliefern, ohne sie vorher angehört zu haben. Wenn es stimmt, was man ihnen vorwirft, werde ich sie zu ihrem Volk zurückschicken. Wenn es aber nicht stimmt, werde ich sie vor den Quraisch beschützen, solange sie mich brauchen.“ 

Dann ließ er die Gefährten des Propheten rufen. Auch seine Bischöfe ließ er mit ihren heiligen Schriften kommen.  

Die beiden Mekkaner hatten gehofft, dieses Treffen würde nicht stattfinden und die Muslime würden nicht zu Wort kommen.

Als die muslimischen Männer und Frauen zum Thronsaal geführt wurden, merkten die Abessinier, dass diese ihnen viel sympathischer waren als die Quraischiten. Schon bevor sie zu sprechen begannen, waren der König und die Anwesenden bewegt.

Der Negus fragte die Muslime: „Welche Religion ist es, wegen der ihr euer Volk verlassen habt, während ihr weder meine noch eine andere uns bekannte Religion angenommen habt?“

Dschaafar, der Sohn Abu Talibs, sprach für die Muslime: „O König, wir waren ein Volk der Dschahiliya – der Unwissenheit; wir beteten Götzen an, aßen Kadaver, begingen Freveltaten, behandelten die Nachbarn schlecht, und die Starken unter uns nutzten die Schwachen aus. So lebten wir, bis Allah uns aus uns selber einen Propheten schick-te. Wir kennen seine Abstammung, seine Ehrlichkeit, Vertrauens-würdigkeit und Keuschheit. Er lehrte uns, die Einzigkeit Allahs anzuerkennen, Ihm alleine zu dienen und nicht Steinen und Götzen. Er lehrte uns, stets die Wahrheit zu sprechen, Treue zu wahren, Versprechen zu halten, die Rechte der Familie und Nachbarn zu achten und kein Blut zu vergießen. Er verbot uns, falsche Zeugenaussagen zu machen, den Besitz der Waisen zu veruntreuen oder unschuldige Frauen zu verleumden. Er befahl uns, nur Allah anzubeten und Ihm keine Götter beizugesellen, den Armen Almosen zu geben und zu fasten. Wir glauben ihm und der Offenbarung, mit der er von Allah gesandt wurde. Wir beten Allah alleine an, ohne Ihm Partner beizu-gesellen. Was Allah uns verboten hat, betrachten wir als verboten, und was Er uns erlaubt hat, betrachten wir als erlaubt. Aber unser Volk fing an, uns zu foltern, damit wir unseren Glauben aufgeben und anstelle Allahs Götzen anbeten und diese schrecklichen Sachen der Vergangenheit wieder als erlaubt anerkennen. Nachdem sie uns unterdrückten, und uns das Leben und das Praktizieren unseres Glaubens erschwerten, wählten wir dein Land. 

Wir sind überzeugt, o König, dass wir bei dir kein Unrecht erleiden werden!“

Der Negus fragte: „Ist etwas von dem, was von Allah offenbart wurde, bei dir?“

„Ja.“

„Dann trage es mir vor!“

Dschaafar rezitierte aus der Sure Maryam (Maria). In dieser Sure wird die Geschichte von der Geburt Jesu erzählt:

„Und gedenke im Buch Maryams, als sie sich von ihren Angehörigen an einen östlichen Ort zurückzog. Sie nahm sich einen Vorhang vor ihnen. Da sandten Wir Unseren Geist zu ihr. Er stellte sichihr als wohlgestaltetes menschliches Wesen dar. Sie sagte: ‚Ich suche beim Allerbarmer Schutz vor dir, wenn du gottesfürchtig bist.‘

Er sagte: ‚Ich bin nur der Gesandte deines Herrn, um dir einen lauteren Jungen zu schenken.‘ Sie sagte: ‚Wie soll mir ein Junge gegeben werden, wo mich doch kein menschliches Wesen berührt hat und ich keine Hure bin.‘ Er sagte: ‚So wird es sein. Dein Herr sagt: „Das ist Mir ein leichtes, und damit Wir ihn zu einem Zeichen für die Menschen und zu einer Barmherzigkeit von Uns machen. Und es ist eine beschlossene Angelegenheit.“‘ So empfing sie ihn und zog sich mit ihm an einen fernen Ort zurück. Die Wehen ließen sie zum Palmenstamm gehen. Sie sagte: ‚O wäre ich doch zuvor gestorben und ganz und gar in Vergessenheit geraten!‘ Da rief er ihr von unten her zu: ‚Sei nicht traurig; dein Herr hat ja unter dir ein Bächlein geschaffen. Und schüttle zu dir den Palmenstamm, so lässt er frische, reife Datteln auf dich herabfallen. So iss und trink und sei frohen Mutes. Und wenn du nun jemanden von den Menschen sehen solltest, dann sag: „Ich habe dem Allerbarmer zu fasten gelobt, so werde ich heute mit keinem Menschenwesen sprechen.“‘ Dann kam sie mit ihm zu ihrem Volk, ihn (mit sich) tragend. Sie sagten: ‚O Maryam, du hast da ja etwas Unerhörtes begangen. O Schwester Haruns, dein Vater war doch kein sündiger Mann, noch war deine Mutter eine Hure.‘ Da zeigte sie auf ihn. Sie sagten: ‚Wie können wir mit jemandem sprechen, der noch ein Kind in der Wiege ist?‘ Er sagte: ‚Ich bin wahrlich Allahs Diener; Er hat mir die Schrift gegeben und mich zu einem Propheten gemacht. Und gesegnet hat Er mich gemacht, wo immer ich bin, und angeordnet hat Er mir, das Gebet (zu verrichten) und die Abgabe (zu entrichten), solange ich lebe und gütig gegen meine Mutter zu sein. Und Er hat mich weder gewalttätig noch unselig gemacht. Und der Friede sei auf mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag da ich wieder zum Leben auferweckt werde.‘ Das ist ’Isa, der Sohn Maryams: (Es ist) das Wort der Wahrheit, woran sie zweifeln. Es steht Allah nicht an, Sich ein Kind zu nehmen. Preis sei Ihm! Wenn Er eine Angelegenheit bestimmt, so sagt Er dazu nur: ‚Sei!‘, und so ist es. (’Isa sagte:) ‚Und gewiss, Allah ist mein Herr und euer Herr; so dient Ihm. Das ist ein gerader Weg.

Als der Negus diese Worte hörte, weinte er, bis sein Bart nass wurde. Auch seine Bischöfe weinten, als sie die Rezitation aus dem Koran hörten, bis die Tränen ihre Bücher befeuchteten, die sie in den Händen hielten.

Als der König sich wieder gefasst hatte, wandte er sich an die Mekkaner. „Diese und die Offenbarung Jesu sind Strahlen desselben Lichtes. Bei Allah, ich gebe sie euch nicht und werde sie nicht verraten!“

So wies der König die Delegation Mekkas zurück.

‘Amr sagte zu Abdullah, er werde am nächsten Tag noch einmal zum König gehen und ihn mit einer anderen Geschichte überraschen. „Tu das nicht! Sie sind immer noch unsere Verwandten!“ sagte Abdullah. „Bei Allah, ich werde dem König erzählen, dass sie sagen, Jesus, der Sohn Marias, sei nur ein Diener Allahs.“

Am nächsten Tag erschien ‘Amr zum zweiten Mal beim König und sagte: „O König, sie sagen etwas Schlimmes über Jesus. Lass sie kommen und frage sie nach dem, was sie sagen!“ 

Der Negus ließ sie erneut kommen und fragte, was sie von Jesus hielten. Sie überlegten, was sie sagen sollten. „Bei Allah, wir sagen, was Allah sagt und was dem Propheten offenbart wurde; ganz gleich, was passiert, werden wir nur die Wahrheit sagen.“

Wieder ergriff Dschaafar das Wort: „Über Jesus sagen wir, was unserem Propheten offenbart wurde: Er ist ein Diener und Prophet Allahs, Sein Geist und Sein Wort, das Er der Jungfrau Maria eingab.“

Der Negus bestätigte, was Dschaafar über Jesus sagte.

„In meinem Land seid ihr in Sicherheit.“ Dreimal sagte er: „Wer euch beschimpft, wird bestraft!“, und fuhr fort: „Selbst für einen Berg Gold würde ich euch nicht hintergehen. Wir brauchen ihre Geschenke nicht, gebt sie zurück! Bei Allah, auch Allah nahm keine Bestechung, als Ermir mein Königreich zurückgab; weshalb sollte ich estun? Er gehorchte nicht den Leuten gegen mich, wie kann ich ihnen gegen Ihn gehorchen?“

Gedemütigt machten sich die Quraisch mit ihren Geschenken auf den Heimweg.

Sie kamen mit der Nachricht zurück, dass sie mit ihrem Vorhaben gescheitert waren und ihre Beziehungen zu Abessinien nun gestört
seien.

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