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Die Grabenschlacht (2/1)
Eines Tages begab sich der Prophet zu dem jüdischen Stamm der Bani An-Nadir, da diese ihn gebeten hatten, einen Streit zwischen ihnen zu schlichten. Als er bei ihnen war, zogen sie sich zur Beratung zurück und sprachen zueinander: „In eine so günstige Lage bekommen wir diesen Mann nie wieder. Wer also steigt auf das Haus, wirft einen Stein auf ihn und tötet ihn?“
“Einer von ihnen, ‘Amr Bin Dschihas, erklärte sich dazu bereit und stieg auf das Dach, um einen Stein auf den Propheten zu werfen. Dieser saß mit einigen seiner Gefährten, die ihn begleitet hatten, zusammen, darunter Abu Bakr, Umar und Ali. Der Engel Gabriel offenbarte ihm das üble Vorhaben. Er stand auf und ging, bevor ‘Amr den Stein herunterwerfen konnte, und ohne seinen Gefährten ein Wort zu sagen. Diese warteten bei den Bani An-Nadir auf seine Rückkehr. Als es ihnen zu lange dauerte, begannen sie, nach ihm zu suchen. Ein Mann, der gerade aus Medina kam, erzählte ihnen schließlich, er habe den Propheten in die Stadt kommen sehen. Sie folgten ihm dorthin, und als sie ihn erreichten, berichtete er ihnen von dem Verrat, den die Bani AnNadir gegen ihn geplant hatten.
Muhammad forderte die Bani An-Nadir auf, Medina mit ihrem Vermögen zu verlassen. Diese wollten nach ihrem gescheiterten Plan
der Aufforderung Folge leisten, doch Ibn Salul versprach ihnen Unterstützung, falls sie sich dem Propheten widersetzten. So verweigerten sie den Abzug. Infolgedessen belagerten die Muslime die Bani An-Nadir. Als die Unterstützung Ibn Saluls jedoch ausblieb, gaben sie auf und ergaben sich dem Urteil des Propheten. Wie bei den Bani Qaynuqa baten auch ihre ehemaligen Verbündeten den Propheten,
ihnen das Urteil zu überlassen. Obwohl der Anschlag seiner Person gegolten hatte, stimmte er zu. Die Bani An-Nadir durften Medina verlassen und ihr Vermögen mitnehmen. Sie gingen nach Chaibar287, wo sie sich niederließen.288 Doch sie und ihre Verbündeten wollten sich immer noch nicht geschlagen geben.
Die Oberhäupter der Bani An-Nadir begannen, von Chaibar aus ein Bündnis gegen den Propheten zu schmieden, um Verbündete für einen Angriff auf Medina zu gewinnen. Eine Delegation von den Bani AnNadir und den Bani Wa’il289 , darunter Hujai Bin Achtab, das Oberhaupt der Bani An-Nadir, zog zu den Quraisch nach Mekka. Sie hetzten sie zum Krieg gegen den Propheten auf und sprachen: „Wir werden euch im Kampf gegen ihn unterstützen, bis wir ihn erledigt haben!“
„O ihr Männer der Juden!“, fragte Abu Sufyan, „Ihr seid das Volk mit dem ersten Buch und habt Wissen über unseren Streit mit Muhammad! Ist unsere Religion besser oder seine?“ „Eure Religion ist besser als seine Religion, und ihr seid im Recht!“, antworteten sie, obwohl sie genau wussten, dass die Quraisch Götzendiener waren, die gegen die Prinzipien der Juden, Christen und Muslime handelten.290 Das freute diese und ermutigte sie, sich auf einen weiteren Krieg vorzubereiten.
Nun begab sich die Delegation aus Chaibar zu den Stämmen des Nadschd291 , den Bani Ghatafan292 , und zu vielen anderen Götzendienern und warben sie zum Kampf gegen den Propheten. Sie versprachen ihnen Unterstützung und erzählten, dass die Quraisch
ihrem Aufruf bereits nachgekommen seien. Andere Stämme, die sie nicht anstacheln konnten, gegen die Muslime zu kämpfen, versuchten sie mit Bestechung und dem Versprechen von reicher Beute zum Kampf zu bewegen.
Innerhalb kürzester Zeit bewegte sich eine gewaltige Streitmacht, wie sie Arabien bis dahin noch nicht gesehen hatte, in Richtung Medina.293 Als der Prophet dies alles durch einen Brief von seinem Onkel Abbas erfuhr, blieb ihm nur noch eine Woche Zeit. Er versammelte seine Gefährten, um sich mit ihnen zu beraten. Vielfältige Meinungen darüber, wie man sich am besten verteidigen könnte, kamen zur Sprache. SalmanderPerser hatte einenbesonderenPlan.
Er erzählte, was er bei seinem Volk gesehen hatte, wenn dessen Städte angegriffen wurden: Sie gruben tiefe Gräben rund um ihre Städte, die es dem Feind unmöglich machten, diese einzunehmen. Alle waren von diesem Plan begeistert. Zum Glück mussten die Muslime nicht um die ganze Stadt herum graben, denn es gab bereits hohe Mauern und Felsen, die nicht passierbar waren und nur noch miteinander verbunden werden mussten, um die Lücken zu schließen. Jede Familie übernahm ein Stück des Grabens.
Die Tage vergingen, aber die Arbeit schien nicht fertig zu werden. Angst und Hunger nahmen zu; der Prophet hungerte und arbeitete jeden Tag mit.294 Sie gruben unermüdlich.
Ein großer Fels wurde ein Hindernis, worüber sie beim Propheten klagten. Er ließ etwas Wasser bringen, spuckte hinein, sprach ein Bittgebet und besprengte den Felsen mit dem Wasser. Die Zeugen dieses Wunders sprachen später: „Bei Dem, Der ihn als Propheten sandte, der Fels brach zusammen.“
Auch Salman hatte beim Graben Schwierigkeiten. Der Prophet, der in seiner Nähe war, sah, wie schwer er es mit einem Felsen hatte. Nun schlug er selbst dreimal mit der Hacke auf diesen Felsen, wobei jedes Mal ein Lichtstrahl aufblitzte.
„O Gesandter Allahs, was war das?“, fragte Salman erstaunt. „Hast du es wirklich gesehen, o Salman?“, fragte der Prophet. Salman bejahte es.
„Das erste Aufblitzen bedeutet, dass Allah mir den Jemen eröffnet, durch das zweite Ash-Sham und den Westen und durch das dritte eröffnete Er mir den Osten.“295
Die Quraisch rückten mit zehntausend Kriegern heran, in der Hoffnung, die ganze Stadt schnell zu vernichten. Der Graben war schon vollendet und der Prophet richtete mit dreitausend Muslimen ein Lager vor der Stadt ein, so dass der Graben zwischen ihnen und den Quraisch lag. Er befahl, Kinder und Frauen indie Festungen zu bringen, damit sie in Sicherheit wären.
Überrascht mussten die Götzendiener feststellen, dass die Felder um Medina herum schon abgeerntet waren, weshalb ihr Heer gleich in Richtung Stadt weitermarschierte.
Abu Sufyan, Chalid, Ikrima, ‘Amr und viele andere Häupter der Quraisch gingen an der Spitze und freuten sich, als sie die Lager der Muslime vor den Toren der Stadt und nicht hinter ihnen erblickten. Da es ihnen nicht an Männern und Waffen fehlte, waren sie überzeugt, den
Feind rasch vernichten zu können. Als sie aber näher kamen, erblickten sie den breiten Graben.296 Von der anderen Seite begannen nun die Bogenschützen der Muslime, einen Hagel von Pfeilen auf sie zu schießen und zwangen sie, zurückzuweichen. Dieser Graben war ein Kniff in der Kriegskunst, den die Araber noch nicht kannten!
An einer Stelle blockierten die Festungen des jüdischen Stammes Bani Qurayda den Eingang in die Stadt. Hujai Bin Achtab vom Stamm der Bani An-Nadir war sich sicher, dass es ihm gelingen würde, den jüdischen Stamm Bani Qurayda zu überreden, sein Versprechen Muhammad gegenüber zu brechen, und damit den Vertrag von Medina zu verletzen. Hujai ging sogleich zu Ka‘b Bin Asad von den Bani Qurayda, der für seinen Stamm mit dem Propheten das Bündnis geschlossen hatte.
Als Ka‘b die Stimme Hujais vor der Burg hörte, verschloss er das Tor, denn Hujai war den Bani Qurayda als Unglücksbringer bekannt, der seinem Stamm Verrat und Leid brachte.„Wehe dir, Ka‘b! Mach auf!“
„Wehe dir, Hujai, du bist ein Unheilbringer! Ich habe einen Vertrag mit Muhammad und ich habe an ihm nur Treue und Ehrlichkeit erlebt!“ „Wehe dir, öffne mir, damit wir reden!“
„Das tue ich nicht!“
„Du hast also Angst, dass ich von deinem Weizenbrei esse!“ Dies beleidigte Ka‘b und machte ihn so wütend, dass er das Tor öffnete. Hujai trat ein und sprach: „Wehe dir, Ka‘b! Ich komme zu dir mit ewigem Ruhm und einem Meer von entschlossenen Kämpfern. Mit den Quraisch und ihren Führern bin ich gekommen und ebenso mit den Bani Ghatafan und ihren Führern. Sie haben mir versprochen und mit mir einen Vertrag geschlossen, dass sie keine Ruhe geben, bis wir Muhammad und alle, die mit ihm sind, ganz und gar aufgerieben haben!“
„Bei Allah, Hujai, du bringst mir vielmehr ewige Erniedrigung und eine Wolke, die ihr Wasser schon vergossen hat und die nur blitzt und donnert, aber nichts bringt. Lass mich in Frieden; denn Muhammad war mir gegenüber stets treu und ehrlich.“
Hujai sprach von der Beute und den vielen Vorteilen, die auf sie warteten, wenn sie die Muslime vernichteten. Er redete auf Ka‘b ein, bis er ihn schließlich zum Verrat bewegen konnte. Hujai schwor: „Wenn die Quraisch und die Bani Ghatafan zurückkehren, ohne Muhammad vernichtet zu haben, werde ich in deine Festung kommen, damit auch mich trifft, was dich trifft!“
Das überzeugte Ka‘b; er brach seinen Vertrag mit dem Propheten und 164 beging Verrat. Nun war die ganze Mühe der Stadtbewohner umsonst gewesen. Die Bani Qurayda würden den Götzendienern Eintritt in die Stadt gewähren; diese würden sie dann plündern, zerstören und jeden töten, der ihnen in die Hände fiel.
Einige der Bani Qurayda waren zuerst dagegen, den Bund mit Muhammad zu verletzen und ihn zu verraten, denn sie hatten von ihm nur Gutes gesehen. Als jedoch die Heuchler um Ibn Salul hinzukamen und bestätigten, was Hujai ihnen gesagt hatte, waren sie vom Erfolg überzeugt, denn sie sahen, was für ein grauenvolles Heer der Quraisch da aufmarschiert war, das die Ebene vor ihren Augen füllte.
Der Prophet wurde benachrichtigt,woraufhinerden Führer des Stammes Aws, Saad Bin Mu‘adh, und den der Chazradsch, Saad Bin Ubada, mit zwei weiteren Gefährten beauftragte: „Schaut nach, ob esstimmt! Wenn es wahr ist, sagt es mir auf verschleierte Weise, damit die Leute nicht mutlos werden. Wenn sie aber Treue bewahren, dann sagt es klar und deutlich!“
Die Delegation der Muslime ging zu den Bani Qurayda. Sie merkten schnell, dass diese den Vertrag gebrochen hatten. Ihre Bitte, diese
Entscheidung zu widerrufen, bevor eine Katastrophe geschähe, wurde zurückgewiesen. „Wer ist der Gesandte Allahs? Wir haben kein Abkommen und keinen Vertrag mit Muhammad!“ Ka‘b war sich sicher, dass die Quraisch die Muslime vernichten würden und sie mit ihnen zusammen die Beute machen würden. Saad Bin Mu‘adh beschimpfte sie, doch Saad Bin Ubada hielt ihn zurück: „Lass das Schimpfen! Die Sache ist schlimm genug!“ Die beiden Saads kehrten mit den anderen Gefährten zum Propheten zurück und gaben ihm ein Zeichen.297 Der Prophet verstand. Er wandte sich seinen Leuten zu und rief: „Allahu akbar! Seid frohen Mutes, o ihr Muslime!“