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Eine Handvoll Steine
Die Bani Ghatafan waren schon einen Tag unterwegs, um Chaibar zu Hilfe zu kommen, als sie eine Stimme hörten, die ihnen sagte, dass
ihren Herden und Familien etwas zugestoßen sei. Sie wussten nicht, obdie Stimme vom Himmel oder von der Erde kam, aber sie fürchteten, dass ihre Feinde sie in ihrer Abwesenheit angegriffen hatten und eilten deshalb nach Hause zurück. Damit gaben sie dem Propheten den Weg nach Chaibar frei.
Nach harten Kämpfen gelang es den Muslimen, die Festungen der jüdischen Stämme einzunehmen. Das Gebiet von Chaibar wurde unter muslimische Schutzherrschaft gestellt, und nun drohte von dort keine Gefahr mehr.
Während der Belagerung einer der Festungen kam ein Hirte namens Aswad mit seinen Schafen zum Propheten und sagte ihm, er sei der Hirte eines Juden. Er bat ihn, ihm den Islam zu erklären. Muhammad erklärte ihm geduldig, was er wissen wollte. Die Worte des Propheten berührten den Hirten so tief, dass er Muslim wurde. Daraufhin forderte der Prophet ihn auf, die Schafe, die ihm anvertraut worden waren, ihrem Besitzer zurückzuschicken, indem er eine Handvoll Steinchen nehmen und diese in Richtung der Tiere werfen solle. Als Aswad die Steine warf, sammelten sich die Tiere und gingen zusammen davon, als objemand sie führte.
Die besiegten jüdischen Stämme von Chaibar baten den Propheten flehentlich, er möge sie ziehen lassen und sie begnadigen. Der Prophet erfüllte ihnen diesen Wunsch.
Kurz danach kamSafiya, die Tochter des Hujai, zu ihm. Als der Prophet die Wunde in ihrem Gesicht sah, fragte er, woher sie diese habe. Safiya erzählte von ihrem Traum und den Schlägen ihres Mannes.
Der Prophet bot auch ihr die Freiheit an und ließ ihr die Wahl, ob sie zu ihren Leuten zurückkehren oder mit den Muslimen gehen wolle. Sie hatte ihre Entscheidung längst getroffen. „Ich wähle Allah und seinen Gesandten“, antwortete sie.
Safiya hegte schon länger Sympathie für den Islam und den Propheten. Sie war damals sehr enttäuscht gewesen, als sie von ihrem Vater und ihrem Onkel gehört hatte, dass Muhammad der erwartete Prophet sei, sie ihn aber dennoch bekämpfen wollten.
Der Prophet heiratete Safiya und sie wurde damit eine der Mütter der Gläubigen.
Nach der Befreiung Chaibars hatte Hadschadsch Bin ’Ilatt As-Sulamiden Propheten um die Erlaubnis gebeten, nach Mekka zu reisen, um seinen Besitz, der sich bei den Händlern Mekkas befand, zu holen. Die Mekkaner hatten von seiner Bekehrung zum Islam nichts gewusst, ihm geglaubt, was er ihnen erzählt hatte, und ihm sogar dabei geholfen, seinen Besitz einzusammeln.
Ein Jahr war seit dem Friedensvertrag von Hudaibiya vergangen, als die Mekkaner hörten, dass der Prophet und seine zweitausend Gefährten wieder unterwegs seien. Neugierig verließen sie die Stadt, um ihm beim Einzug in Mekka zuzusehen
Die Oberhäupter der Quraisch versammelten sich auf dem Berg Abu Qubays, um von dort aus die Kaaba zu beobachten. Sie sahen die
barhäuptigen, weißgewandeten Männer, und sie hörten die alten Pilgerrufe aus der Zeit des Propheten Abraham: „Labbayk Allahumma
labbayk! – Hier bin ich, o Allah, zu Deinen Diensten!“ Die Quraisch hatten inzwischen Gerüchte verbreitet, dass der Prophet und seine Gefährten durch das Fieber von Medina sehr geschwächt seien.
Bald standen auch die anderen Mekkaner reihenweise oben auf dem Berg, um sie zu beobachten. Als der Prophet den geschützten Bezirk der Kaaba erreichte, legte er sein Ihram-Tuch über seine linke Schulter. Seine rechte Schulter bedeckte er nicht. Dann küsste er den Schwarzen Stein und lief mit seinen Gefährten siebenmal um die Kaaba. Danach gingen sie zum Fuße des Hügels Safa und begannen, insgesamt siebenmal, die Strecke zwischen Safa und Marwa zu durchlaufen, wie einst Hadschar, die Mutter Ismaels. Einen Teil der Etappen legten sie in schnellem Lauf zurück, so dass jeder sehen konnte, dass sie, entgegen der Behauptung der Quraisch, stark und gesund waren. Anschließend opferte der Prophet ein Kamel und ließ sich die Haare rasieren.
Abbas zeigte sich während der drei Tage öffentlich mit seinem Neffen, und fast alle Mekkaner, die im Geheimen Muslime geworden waren, begegneten in den Nächten ihren Brüdern und Schwestern aus Medina. Der Prophet blieb drei Tage in Mekka.
Auf dem Rückweg nach Medina fragte er nach Chalid Bin Al-Walid, weil er sich wunderte, dass dieser, trotz seiner Klugheit, noch immer nicht zum Islam gefunden hatte.
Als Walid, der jüngere Bruder von Chalid, dies hörte, schickte er einen Brief an seinen Bruder, in dem er schrieb, dass der Prophet ihn erwähnt habe. Seine Mutter und viele Verwandte waren bereits Muslime. Chalid selbst hatte, auch als er gegen den Propheten kämpfte, ihm gegenüber stets Liebe und Respekt verspürt.
Ein weiterer mächtiger Mann der Quraisch vom Range Chalids war ‘Amr Bin Al-As, der eine Weile nach der Grabenschlacht einige Männer der Quraisch um sich scharte, die seine Meinung teilten und ihnals Führer annahmen. Er erklärte ihnen, dass die Sache Muhammads inzwischen üble Ausmaße angenommen habe.
Er hatte eine Idee und wollte wissen, was sie davon hielten. „Was ist das für eine Idee?“
„Meine Idee ist, dass wir uns zum Negus nach Abessinien begeben.
Wenn Muhammad über unser Volk siegt, bleiben wir dort, und wenn die Quraisch siegen, können wir jederzeit nach Mekka zurückkehren.“
„Das ist gut!“
„Dann bereitet Geschenke für den König vor!“
Als ‘Amr beim Negus ankam, sah er, wie ‘Amr Bin Umayya, ein Bote
Muhammads, gerade das Schloss des Königs verließ. Nachdem er die Geschenke überreicht hatte, bat er den König, er möge ihnen den Boten Muhammads übergeben. Das machte den Negus sehr wütend. ‘Amr sagte: „O König, wenn ich gewusst hätte, dass dich dies so verärgert, hätte ich dich nicht darum gebeten.“ Der Negus sagte: „O ‘Amr, soll ich dir den Boten des Gesandten Allahs geben, damit du ihn tötest – den Boten des Gesandten, zu dem Gabriel kommt, wie er früher zu Moses und Jesus, dem Sohn der Maria, kam?“
In diesem Moment, so berichtete ‘Amr später, habe er sich gedacht: „Araber und Nichtaraber haben die Wahrheit akzeptiert und ich
widersetze mich ihr.“ Überrascht fragte er den Negus: „O König, auch du bezeugst dies?“
„Ich bezeuge es vor Allah. Höre auf mich, ‘Amr, und folge ihm! Bei Allah, er ist im Recht und wird all diejenigen besiegen, die sich gegen ihn stellen, wie Moses den Pharao und sein Heer besiegte!“348 ‘Amr fragte, ob der König ihm den Treueid auf den Islam abnehmen könne. Der Negus bejahte und streckte seine Hand aus. ‘Amr schwor den Treueid und ging dann zu seinen Gefährten, denen er jedoch noch verheimlichte, dass er den Islam angenommen hatte. Dann verließ er Abessinien auf einem Schiff
Auf der anderen Seite des Meeres angelangt, kaufte er sich ein Pferd, um in Richtung Medina zu reiten. Auf einem der Rastplätze traf er Chalid und Uthman Bin Talha. ‘Amr fragte: „Wohin gehst du, Chalid?“ „Zu Muhammad!“, antwortete Chalid.
„Bei Allah, das habe ich auch vor!“
Zu dritt reisten sie weiter nach Medina. Chalid erzählte später über diese Begegnung: „Der Prophet wartete schon auf mich. Als ich ihn begrüßte, erwiderte er meinen Friedensgruß mit einem Lächeln.“
Chalid trat als Erster zu ihm und sprach: „Ich bezeuge, dass es keinen Anbetungswürdigen gibt außer Allah, und du bist der Gesandte Allahs.“ Der Prophet antwortete: „Gepriesen sei Allah, der dich rechtgeleitet hat. Ich wusste, dass du einen Verstand hast, der dich nur zum Guten führen.
wird.“ Dann sagte ich: „O Gesandter Allahs, du hast meine Hartnäckigkeit gegen die Wahrheit gesehen. Bitte Allah, dass Er mir verzeiht!“ Der Prophet antwortete: „Die Annahme des Islams tilgt alle vorherigen Sünden.“ Dann betete er für Chalid, dass Allah ihm vergeben möge.349 Danach traten ‘Amr und Uthman zu ihm und schworen den Treueid.
‘Amr hatte den gleichen Wunsch wie Chalid; dass Allah ihm seine vergangenen Taten vergeben möge. Der Prophet sagte ihm: „O ‘Amr, der Islam tilgt, was vorher war, und auch die Auswanderung tilgt, was vorher war.“350 Über diese Vergebung freuten sich die drei mächtigen Männer der Quraisch sehr. Später erzählte ‘Amr, dass er seine Augen aus Ehrfurcht kaum zum Antlitz des Propheten heben konnte und dass seitdem sein Rang und der von Chalid beim Propheten so hoch war wie der von Abu Bakr und Umar.35